Ich liebe Bücher. Darum habe ich mir vor vielen Jahren vorgenommen, alles zu lernen, was notwendig ist, um ein Buch von A bis Z selbst zu produzieren. Das ist mir auch weitgehend gelungen, – und da liegt übrigens auch eine der Wurzeln meiner Liebe zum Handwerk. Wie bei wohl jedem Handwerk umfasst auch die Buchproduktion sehr viele Teilbereiche. Ich habe sie alle gründlich betrachtet, manche als Lehrling, in manchen bin ich mittlerweile Meisterin. Und was ich da gelernt habe, hat mich fasziniert.
Inhalt
Respekt vor der Arbeit eines Schriftsetzers
Da habe ich beispielsweise gelernt, dass Papier eine Laufrichtung hat – die man beim Buchbinden unbedingt beachten sollte, weil sonst das Buch beim Öffnen und Schließen nicht richtig „funktioniert“. Welche Arten der Buchbindung es gab und gibt, dass es immer vor allem auf das haptische Gefühl ankommt, wenn das Endergebnis ein als schön empfundenes Buch werden soll. Kenne die Bestandteile von Papier und Pappe, weiß um die Bedeutung der Covergestaltung, kenne die wichtigsten grafischen Gestaltungsrichtlinien und werde wohl nie meinen Respekt vor der Arbeit eines Schriftsetzers verlieren: Wie ein guter Schriftsetzer sich Gedanken um Lesefluss, Ober- und Unterlängen von Buchstaben macht, um den Raum über und unter den Zeilen, die Lesbarkeit von Flatter- oder Blocksatz, bei der Auswahl von Schrift und Schriftschnitten oder darüber, welche Schrift überhaupt zu welcher Buchart passt. Dass sie bei einer Hochzeitsfestschrift anders sein sollte als bei einem Fachbuch, dass Menschen beim Umblättern von einer Seite zur nächsten nicht durch sinnlos auf der letzten Zeile hängende Wortreste gestört werden sollten, dass ganz allgemein das Auge beim Lesen Ruhe und Harmonie liebt…..
Gelungene Buchproduktion: oft bei Kinderbüchern
Auf seine Weise war ein guter Schriftsetzer immer auch der Anwalt der Leserinnen und Leser, sah mit ihren Augen, kalkulierte ihre Reaktionen in das ein, was er tat. All diese Faktoren machten seine Arbeit aus – es war sein Handwerk, das zu wissen. Und gekonnt umzusetzen. Ich behaupte noch heute: Solche Dinge nehmen wir immer wahr, unterschwellig und kaum bewusst. Aber sie beeinflussen unser Wohlgefühl beim Lesen – oder stoßen uns ab. Dann mögen wir das Buch einfach nicht, nehmen es ungern in die Hand. Was dann wörtlich zu verstehen ist. Dann stimmt nämlich etwas mit dem haptischen Erlebnis nicht. Die einzige Buchsparte, in der das heute noch weitgehend berücksichtigt wird, sind übrigens Kinderbücher – machen Sie mal eine Probe aufs Exempel!
Neue und alte Techniken
Ich kennen auch die Druck- und Produktionstechniken, die alten Druckmaschinen – von Bleisatz rede ich jetzt gar nicht. Denn natürlich hat sich alle Technik ständig weiterentwickelt. Und keineswegs immer zum Schlechteren – wenn auch grade im Bereich der Buchproduktion leider erstaunlich häufig. Die Kunst des Schreibens, die Kenntnis verschiedener Textgattungen und deren Einsatz gehört natürlich auch dazu, wenn man ein Buch von A bis Z selbst produzieren will. Das habe ich mit Sicherheit ebenfalls gelernt. Und weigere mich – beim Schreiben wie in allen anderen Schritten der Buchproduktion – vorsätzlich wieder zu vergessen, was es an gelungener Handwerksarbeit bereits einmal gab. Auch dann nicht, wenn technische Neuerungen so überzeugend daher zu kommen scheinen, dass man kaum wagt, sie abzulehnen. Etwa, weil man nicht mehr das Gewicht vieler Bücher durch die Gegend schleppen muss. Oder weil die Buchproduktion plötzlich unglaublich einfach und preiswert geworden zu sein scheint.
Eselsohren contra Gewicht von Reisegepäck
Ja: Auch ich habe einen E-Book-Reader im Schrank liegen. Irgendwo. Lange nicht benutzt. Ich habe gezögert, mir den zu kaufen. Denn ich ahnte schon vorher: Es wird mir was fehlen. Mein Eselsohr, das Bücherlesen in der Badewanne, das Vor- und Zurückblättern, das Anfassen, Fühlen. Die Möglichkeit, dass mein Reisegepäck leichter werden würde, gab schließlich den Ausschlag. Und ich habe es ernsthaft versucht. Aber allein der Datei-Download nervt mich. Mehr noch die Tatsache, dass ich jetzt gar keinen Grund mehr habe, in eine Buchhandlung zu gehen. Doch, ich bestelle auch gern online. Noch lieber aber gehe ich in Buchhandlungen – und mache dort immer Entdeckungen, mit denen ich nicht gerechnet habe. Darüber freue ich mich dann. Und die Vermutung, dass mir das Anfassen von Büchern fehlen würde, hat sich hundertprozentig bewahrheitet. Seitdem liegt der E-Book-Reader eben im Schrank. Was kein Fehler ist, denn ab und zu brauche ich ihn vielleicht doch noch. Bei langen Urlauben zum Beispiel.
Katastrophale Buchproduktion
Was ich dagegen gar nicht brauche, ist das, was ich kürzlich erlebt habe: Zum ersten Mal hab ich ein Buch bestellt, das von dem größten Online-Buchversand auch produziert wurde. In meinen Augen eine einzige Katastrophe. Man mag es gar nicht anfassen, denn von Papierlaufrichtung hat man da genauso wenig je gehört wie von Buchbindung oder angenehmem Cover-Material. Einmal gelesen, hängt das Buch in alle Windrichtungen schief – man kann es quasi weder richtig öffnen noch schließen. Dass der selbstproduzierende Autor dummerweise auch noch Trennstriche in seinen Text eingebaut hat, die – jetzt anders umgebrochen – mitten in den zahlreichen Tabellen hängen, ist die eine Sache. Dass es weder Lektorat noch Korrektorat gibt, eine andere. Auch Profis machen Fehler, und ich habe schon Fälle erlebt, in denen ich noch in einem schon fünf Mal von anderen Experten korrigierten Texten mehr als einen Fehler gefunden habe. Wenn es um Textkorrekturen geht, galt immer schon: Je mehr Augen drüber sehen, desto besser. Wenn aber gar niemand gegenliest, kann die Fehlerquote kaum anders als extrem hoch sein. Das macht keinen Spaß. Der Leser ärgert sich um jeden Cent, den er für so ein Produkt ausgegeben hat. Und es schadet auch dem Renomée des Autors – der doch vermutlich trotz allem einiges an Arbeit in solch ein Buch investiert hat.
Wenn Handwerker keinen Respekt vor fremdem Handwerk haben
Das Allerschlimmste aus meiner Sicht aber war: Das Buch, das ich da bestellt hatte, handelte vom Handwerk, der Autor ist selbst Handwerker – natürlich nicht im Bereich der Buchproduktion. Wie kann ein Handwerker einem andren Handwerk derart wenig Respekt entgegenbringen? Wie kommt ein Maurer, Maler, Dachdecker oder Schlosser auf die Idee, er könne alles ignorieren, was das Handwerk des buchproduzierenden Gewerbes je geleistet hat? So wenig wie sich ein Dach vollautomatisiert neu decken lässt, funktioniert dies bei einem Buch, auf Knopfdruck sozusagen. Bei Büchern vermutlich noch viel weniger. Denn ein Buch hat immer auch eine ganz persönliche Komponente. Ein Dach auf seine Weise allerdings auch.
Für mich jedenfalls gilt: Das, was ich da online gekauft habe, verdient kaum den Namen Buch. Es ist ein einziges Ärgernis. Und wandert jetzt sofort in den Papierkorb. Obwohl mir das für den Autor ehrlich leid tut. Er hat etwas zu sagen, hat Mühe und Arbeit investiert. Aber er hat leider vergessen, das Handwerk der Buchproduktion ernst zu nehmen.
Professionelles Lektorat ist unabdingbar!
Auch das gehört für mich zwingend zum „Handwerk Buch“: Wenn ein Text kein professionelles Lektorat gesehen hat, macht das Lesen einfach keinen Spaß! Solche Bücher beleidigen schlicht die Intelligenz der Lesenden. Und ich glaube fest daran, dass alle Menschen intelligent genug sind, um zu erkennen, ob ihnen da Qualität oder Schlamperei geliefert wird. Der Verband der Freien Lektorinnen und Lektoren (VFLL) liefert eine griffige Definition der klassischen Aufgaben professionellen Lektorats: “ Texte sollen verständlich, gut lesbar, inhaltlich plausibel und formal richtig sein. Als kritisch-konstruktive Probeleser finden Lektorinnen und Lektoren die Schwachstellen in Texten, bevor es die Leserschaft tut.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.
Wollen Sie ebenfalls Buchautor werden?
Dann gebe ich Ihnen den guten Rat: Machen Sie sich vorher schlau! Egal, ob „klassischer Verlag“ oder Selfpublishing: Beides hat Vor- und Nachteile, beides verlangt durchaus, dass Autorinnen und Autoren gewisse Vorkenntnisse, Zielvorstellungen und Grundüberlegungen mitbringen. Plus einem guten Netzwerk, einer überzeugendem Buchidee, ganz viel Zeit und vielen weiteren Fähigkeiten… Viel zu viel? Manchmal ja.
Werden Sie eigensinnig! Das hilft
Wie beschrieben, gehört meine Leidenschaft seit jeher dem Buch. Und darum habe ich aus all meinen Kenntnissen und Erfahrungen diverse Angebote ins Leben gerufen, um angehenden Autor/innen bei ihrer eigenen Buchpublikation zu helfen. Das war Schritt eins. In Schritt zwei habe ich entdeckt, wie wunderbar es ist, wenn wir der Kraft unseres Eigensinns vertrauen können. Wie das geht, vermittele ich Ihnen gern: www.mehr-eigensinn.de
In eigener Sache
Die Trilogie des Eigensinns besteht bislang aus zwei Büchern – die sich ohne Probleme auch getrennt voneinander lesen lassen. In „Mein Kompass ist der Eigensinn“ geht es darum, wie wir Eigensinn erkennen, ihn für uns entwickeln können. Aber auch darum, wo er seine Grundlagen hat, welche Vorbilder ich gefunden habe – und wie er uns helfen kann. Als Kompass zum Beispiel. Oder beim Schreiben von (eigenen) Büchern.
In „Wer schreibt, darf eigensinnig sein“ steht eigentlich schon alles Wichtige im Titel: Es geht um die praktische Realisierung des Schreibens mit Eigensinn, um Kreativität, aber auch um Selfpublishing. Da gibt es jede Menge Praxistipps, Übungen und Beispiele. Und auch die Spiellust – meiner Ansicht nach ein wichtiges Schreib-Instrument – kommt nicht zu kurz. Zum Beispiel mit dem Selbsttest „Welcher Schreibtyp bin ich eigentlich?“ Der zieht sich – augenzwinkernd bis ernst – durch das ganze Buch. Trotzdem hat dieses Buch im Untertitel stehen: „kein Schreibratgeber“. Damit möchte ich klarmachen: Mit dem „Gießkannenprinzip“ sollte hier nicht gerechnet werden!
Beide Bücher auf einen Blick – und auch zum Bestellen – im Shop der Autorenwelt hier. Aber natürlich auch überall sonst, wo es Bücher gibt.