Vorbemerkung: Im Februar war dies das Thema meines Newsletters (erscheint monatlich, zu abonnieren hier). Weil ich das Thema aber für überaus wichtig halte, möchte ich, dass es auch hier zu finden ist, natürlich leicht modifiziert – damit sich nicht alle Newsletter-Abonnenten langweilen …

Buchrezensionen und Geld

Karl-Markus Gauß „wurde durch seine Bücher und Aufsätze in deutschsprachigen Zeitschriften und Zeitungen zu einem der wichtigsten österreichischen Schriftsteller und Kritiker“, steht im Klappentext eines Buches über ihn: „Von der Produktivkraft des Eigensinns. Die Literaturen des Karl-Markus Gauß“, das es sich zur Aufgabe macht, ein Symposium zu dem Mann und dessen Wirken 2014 in Salzburg zu dokumentieren. Da steht zum Beispiel: „Früher – und dabei muss man gar nicht in die Zeit der Weimarer Klassik zurückgehen – konnte man vom Rezensieren leben. Noch Anfang der 1990er Jahre erhielt Karl-Markus Gauß nach eigener Angabe für eine Seite in der Neuen Züricher Zeitung 1.000 Franken.“

Kann sich das noch jemand vorstellen?!

Heute gibt es massenweise kostenlose Buchbewertungen im Netz … Bei Buchbloggern. Und bei amazon. Ich lass das mal so stehen. Und bewerte es nicht. Stelle nur fest: Geld gibt es dafür in aller Regel nullkommagarnicht.

Kurzes Zwischenfazit

Der Buchrezensent (m/w), der von seiner Arbeit leben kann, ist eine mehr oder weniger ausgestorbene Spezies. Okay, Berufe verschwinden. So was passiert. Und manchmal flackert dann doch noch was auf, das man als Hoffnungszeichen werten kann. Nur: Man muss wirklich schon Stephen King heißen, um so was hinzukriegen!

Vor etwa einem Monat meldeten die Microsoft-News:
„Mit einer Twitter-Kampagne hat der US-Horrorautor Stephen King die Fortsetzung von regionalen Buchrezensionen in seiner Lokalzeitung vorerst gesichert. Der im US-Bundesstaat Maine erscheinende ‚Portland Press Herald‘ hatte zuvor angekündigt, seine spezielle Rubrik für Besprechungen von Büchern über Maine oder von Autoren aus Maine abzuschaffen. Der Schriftsteller, der in Maine lebt, rief daraufhin seine mehr als fünf Millionen Twitter-Fans zum Widerstand auf: ‚Sagt der Zeitung, dass sie das nicht machen soll.‘ Regionale Autoren bräuchten die Aufmerksamkeit, ‚um Brot und Milch zu kaufen‘, so der 71-Jährige.

Die Zeitung machte daraufhin ebenfalls via Twitter ein Angebot: Wenn 100 Menschen auf den Aufruf von King hin ein Digitalabonnement abschlossen, werde die Rubrik nicht abgeschafft. In den darauffolgenden 48 Stunden meldeten sich tatsächlich mehr als 200 neue Abonnenten.“ Quelle.

Wie gesagt: So was schafft nur ein Stephen King – schade eigentlich!

Was ist eigentlich eine Buchrezension?

Profis sind sich einig: Um eine gute Buchrezension zu verfassen, müssen gewisse Regeln beachtet werden … Natürlich erst mal ein Buch WIRKLICH lesen, dann sich eine Meinung dazu bilden, ein Minimum an allgemeiner Information zum Buch formulieren, exakt zitieren. Bei – hoffentlich vorhandenem – Überblickswissen auch mal mit andren Titeln vergleichen, die eigne Zielgruppe im Auge behalten: Für wen schreibe ich hier? Wofür interessieren sich meine Leser/innen?

Bei Kritik: bitte gut begründen – das ist allerdings auch bei Lob kein Fehler …

Ich halte das alles immer noch für eine journalistische Aufgabe: Dieses Abwägen und Auswählen von Fakten bei gleichzeitiger „Redlichkeit den Quellen gegenüber“ plus ein bisschen eigener Einschätzung (doch, Journalisten dürfen das!) Und das alles natürlich mit einem gut durchdachten Aufbau … So etwa. Es ist kein Hexenwerk. Aber auch nicht banal.

Viele Buchbloggerinnen und Buchblogger schaffen das durchaus bravourös, andere weniger … Das ist aber überhaupt nicht der Punkt. Sondern ganz was anderes: Die „Währung“ hat sich vorübergehend verschoben: Statt Geld geht es scheinbar „nur“ um Aufmerksamkeit. Und dann kommt „das Geld“ doch von hinten wieder angerumpelt – und zwar ziemlich fies.

Aufmerksamkeit …

Erst mal noch zwei Geschichten: Anfang der 2000er Jahre hatte ich einen – sehr gut bezahlten – Kollegen. Über den spotteten alle, weil er jede freie Minute (und manchmal auch seine Arbeitszeit) dazu nutzte, ellenlange Produktbewertungen zu schreiben. Für nix, null, lau. Ich hab ihn mal gefragt, ob er wenigstens die Produkte dazu kostenlos bekäme – „selten“, war die Antwort. Immerhin: Sein voller Name war im Netz äußerst präsent. Und das war ihm wichtig.

Neulich sah ich online eine Anzeige: „Lassen Sie Ghostwriter Ihre Buchrezension schreiben und ruhen Sie sich auf Lorbeeren aus.“
Lustig finde ich ja das missverständliche „Ihre Buchrezension“ … Nein, damit sind nicht „Kulturjournalisten“ gemeint, die keinen Bock mehr auf ihren Job haben. Das Angebot richtet sich selbstverständlich an Autorinnen und Autoren. Und die Rezension steht dann – wo wohl? Klar, auf amazon. (Die hier zitierte Seite ist übrigens auf Zypern registriert …)
Die Anbieter, die Bewertungen – also auch Buchrezensionen – „diskret“ oder offen zum Kauf anbieten, sind im Netz mittlerweile Legion.

Was ist da passiert?

Völlig klar: Was weltweit online zu beobachten ist, macht natürlich auch vor Büchern nicht halt: Was nicht bewertet wird, existiert nicht. Ein guter Beitrag dazu  hier in der Süddeutschen Zeitung.

In der Welt der Bücher wurden aus diesem Grund online aus Buchrezensionen „Bewertungen“, sichtbar durch „Sternchen“ – und manchmal regelrechte Schlammschlachten …
Wer da jetzt ellenlange Bewertungen schreibt, verdient genauso wenig wie mein ehemaliger Kollege, aber für Autorinnen und Autoren sind diese Rezensionen unter Umständen bares Geld wert. Das bedeutet: Nicht wer da rezensiert, bekommt das Geld – sondern überall grätschen dubiose „Zwischenhändler“ mit verschiedensten (Lock-)Angeboten dazwischen …. Das ist nicht gut.

Wenn es um Bücher geht, steht bei alledem natürlich amazon im Mittelpunkt – wer sonst?!

Toller Beitrag zum Thema

Neulich bin ich auf einen wichtigen Beitrag gestoßen – der stammt von Stephanie Vonwiller. Die ist selbst Autorin und beschreibt in einem – wie ich finde – grandiosen Gastbeitrag bei Ruprecht Frieling, wie das eigentlich so geht, mit diesen Sterne-Bewertungen bei amazon, was dahinter steckt, wie es funktioniert, besser: Wie wir verarscht werden … Sorry für das Wort! Aber ich bin so froh, dass da endlich mal jemand gründlich recherchiert hat.

Es betrifft keineswegs nur amazon, sondern auch andere: „LovelyBooks und Goodreads arbeiten mit Bewertungssystemen für ihre Bücher. Aber auch der stationäre Buchhandel bittet die Leser, auf seinen Plattformen im Internet Bewertungen für seine Bücher abzugeben. Ob Osiander, Weltbild, Hugendubel oder auch Thalia – die Sterne-Bewertung bei Büchern ist praktisch allgegenwärtig.“ Und da stecken jede Menge – sehr vorsichtig gesagt – Ungereimtheiten hinter. Ich werde jetzt nicht den halben Beitrag zitieren (obwohl es mich in den Fingern juckt …) – bitte selber lesen.

Vonwillers Fazit: Der Bewertungs-Zirkus ( = mein Ausdruck, nicht ihrer …) hat ein paar Vorteile. Die Nachteile überwiegen allerdings ganz klar. Von der Unmöglichkeit, damit fair, transparent und nachvollziehbar (mit vollem Namen, beispielsweise als Journalist/in) Geld zu verdienen, mal ganz zu schweigen ….

Und wie schreibe ich jetzt eine gute Buchrezension?

Dazu habe ich 19 äußerst praktische Tipps entwickelt. Nachzulesen hier.

In eigener Sache

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Die Trilogie des Eigensinns besteht bislang aus zwei Büchern – die sich ohne Probleme auch wunderbar getrennt voneinander lesen lassen. Macht durchaus Sinn, denn sie bilden zwar eine „Familie“, haben aber unterschiedliche Schwerpunkte. In „Mein Kompass ist der Eigensinn“ geht es darum, wie wir Eigensinn erkennen, ihn für uns entwickeln können. Aber auch darum, wo er seine Grundlagen hat, welche Vorbilder ich gefunden habe – und wie er uns helfen kann. Als Kompass zum Beispiel. Oder beim Schreiben von (eigenen) Büchern.
In „Wer schreibt, darf eigensinnig sein“ steht eigentlich schon alles Wichtige im Titel: Es geht um die praktische Realisierung des Schreibens mit Eigensinn, um Kreativität, aber auch um Selfpublishing. Da gibt es jede Menge Praxistipps, Übungen und Beispiele. Aber auch die Spiellust – meiner Ansicht nach ein wichtiges Schreib-Instrument – kommt nicht zu kurz. Zum Beispiel mit dem Selbsttest „Welcher Schreibtyp bin ich eigentlich?“ Der zieht sich – augenzwinkernd bis ernst – durch das ganze Buch.
Beide Bücher auf einen Blick – und auch zum Bestellen – im Shop der Autorenwelt hier. Aber natürlich auch überall sonst, wo es Bücher gibt.


 

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