Ich finde ja: Die Sache mit den Schreibratgebern hat es in sich. Einerseits sind wir alle so individuell verschieden – gerade dann, wenn es um den Schreibprozess geht. Der eine schreibt rein „aus dem Bauch“ raus, die andere kann gar nichts, ohne vorher To-do-Listen anzulegen, sich über Strukturen klar zu werden. Und dann kommt meist doch  für jeden von uns immer an anderer Stelle ein unvorhergesehener Punkt, an dem wir plötzlich Rat und Hilfe brauchen. Das ist die eine Seite. Andererseits lese ich manche Schreibratgeber auch wirklich gern. Darum folgen am Ende des Beitrags 15 sehr konkrete Tipps für Schreibratgeber, die ich gut finde.

Schreibratgeber müssen individuell sein

Klar ist: Alle (angehenden) Autor/innen haben andere Bedürfnisse, Fragen und Vorlieben. Dazu kommt: Manche Menschen lernen besser, indem sie einfach SCHREIBEN – und nicht , wenn sie Listen voller guter Ratschläge lesen. Oder, wenn ihnen „echte Menschen“ Aufgaben stellen, ganz direkt spiegeln, wie das ankam, was da – vielleicht auch erst mal nur spielerisch – aufs Papier geworfen wurde … Oder, oder. Ja, ich finde wirklich: Schreibratgeber sind eine ziemlich schwierige Sache. Und noch viel schwieriger wird es, welche zu empfehlen. Denn zu allen genannten Besonderheiten kommt ja noch die Frage nach dem „Schreibtyp“: Manche Autor/innen können gar nicht schreiben, wenn Kreativität, Freiheit des Schreibens nicht im Fokus stehen. Andere werden sofort nervös, wenn sie keine klaren Vorgaben haben: bis wann? Wie viel? Welche Aufgaben soll ich lösen? Wie ist der Plot geplant, welchem Thema kommt welche Gewichtung zu … und so weiter. Wieder andere wollen unter allen Umständen Erfolg haben mit dem geplanten Buch – und wissen auch schon ganz genau, wie dieser Erfolg sich definiert. Es gibt auch schreibende Menschen, denen liegt vor allem die Sprache am Herzen. Oder das Aufarbeiten der eigenen Biografie …

Wirklich: Schreiben ist einfach ungeheuer vielfältig. Wie will da ein unbekannter Mensch einem anderen unbekannten Menschen einen Rat geben? Kann gut sein, dass es in manchen Fällen sehr viel zielführender ist, sich mit Schreibcoaching zu befassen, sich einen guten Coach zu suchen .. Aber das ist ein anderes Thema.

Geschmack, Stil und innere Haltung

Zugegeben: Es gibt Dinge und Aspekte des Buch-Schreibens, die gelten immer. Die kann man sich nicht oft genug ins Gedächtnis rufen. Etwa, dass es keine schlechte Idee ist, beim Schreiben das Kopfkino der Leser/innen „anzuwerfen“ – dazu hat Simone Harland ein nettes kleines E-Book geschrieben (mehr von mir dazu hier). Oder, dass jeder gute Text die bestmögliche Struktur braucht. Bei der Sprache geht es häufig um Geschmacksfragen …

Bei solchen Fragen entkommt man beispielsweise dem Klassiker von William Zinsser „Nonfiction schreiben“, kaum, weil er immer gültig Grundlegendes thematisiert. In den USA bereits seit 1976 ein Bestseller, in Deutschland 2001 im Auftrag des Berliner Autorenhaus-Verlags übersetzt. Ich finde ihn wirklich gut, denn er klärt ein für allemal essentielle Sprachfragen, vor allem für Sachbuchautoren: Was du einfach sagen kannst, solltest du EINFACH sagen. Das ist in etwa die Kernaussage dieses überaus gut lesbaren Ratgebers. Der auch keineswegs so simpel daher kommt, wie sich das jetzt vielleicht anhört. Er geht beispielsweise auf Persönlichkeit und Stil sowohl Bücher schreibender als auch lesender Menschen ein. Und listet so gut wie alle wichtigen Genres nicht fiktionaler Literatur und deren wichtigste Merkmale auf. Ganz wichtig: Das letzte Kapitel seines Buches thematisiert die  „innere Haltung“ von Autor/innen – das ist auch immer wieder mein Ansatz. Unverzichtbar, wie ich finde.

Wie haben erfolgreiche Autor/innen das gemacht?!

Andere Menschen schwören auf biografische Ratgeber, manchmal davon sind  regelrechte „Bekenntnisse“ erfolgreicher Autor/innen, etwa Stephan King („Das Leben und das Schreiben“ – aber das ist eigentlich gar kein Ratgeber. Trotzdem – oder vielleicht genau darum – sehr beliebt bei schreibenden Menschen), Ray Bradbury oder Elizabeth George. Selten genannt, aber für Roman-Autoren recht schön finde ich „Von Beruf Schriftsteller“ von Haruki Murakami, weil er gekonnt eigene Lebensstationen mit dem Schreibhandwerk mischt – genauso, wie er er sehr offen den Prozess beschreibt, mit dem er sich im Lauf der Zeit die für ihn notwendigen Routinen des Schreibens erarbeitet hat. Etwa: Wie viele Überarbeitungs-Schleifen braucht ein guter Roman? Oder: Was macht es mit meinem Schreib-Stil, wenn ich mehr als eine Sprache beherrsche und auch nutze?

Im besten Sinne europäisch ist dagegen alles, was Hanns-Josef Ortheil als Herausgeber oder Autor in der Reihe „kreatives Schreiben“ des Duden-Verlags publiziert hat. Das Gute an dieser Reihe ist unter anderem, dass es auf die verschiedenen Wissens-Stadien schreibender Menschen wie auf mediale Aspekte eingeht, etwa: „Mit dem Schreiben anfangen“, „auf Reisen“ oder „über mich selbst“ schreiben, „Texte online“ und „für Filme und Serien“.

Risiken und Nebenwirkungen …

Die mögliche Vielfalt ist natürlich die Crux aller Schreibratgeber: Nie kann einer allein alle möglichen Aspekte, alle individuellen Fragen abdecken. Das Ergebnis ist in aller Regel entweder, dass Autorinnen und Autoren auf der Suche nach gutem Rat ein Buch nach dem anderen lesen, das ihnen helfen soll – und dabei nicht selten immer unsicherer werden, schlimmstenfalls gar nicht mehr zum Schreiben kommen. Oder gleich sagen : „So was lese ich gar nicht (mehr)!“ Unter der Prämisse, dass es das Allerwichtigste beim Schreiben ist/sein sollte, seine „eigene Stimme“ zu finden, scheint mir die zweite Alternative manchmal besser als die erste zu sein: gar keine Ratgeber lesen! Allerdings: Ab und an mal gute Denkanstöße, unerwartete Fragen oder Anregungen – das brauchen selbst die besten Autor/innen ab und zu. Und auch hier gibt es eine Sache, die IMMER funktioniert. Nämlich die Frage:

Wie/womit füttere ich meine (Schreib-)Kreativität?

Kreativität hat nicht selten alle Eigenschaften einer klassischen Diva … Sie kann genial, aber auch höchst unberechenbar sein. Sie will Aufmerksamkeit, Spaß und Unterhaltung – ich nenne das alles mal „das Futter“, also: Kreativitäts- statt Studentenfutter. Und da ist alles erlaubt, was gefällt, bzw. gut schmeckt. Aus dieser Perspektive habe ich jetzt noch zwei Tipps für Menschen auf der Suche nach dem richtigen Schreibratgeber:

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Tipp 1: Mein Lieblingsratgeber

Zuerst mein Allzeit-Lieblings-Schreibratgeber. Er ist nicht ganz neu (von 2014), aber auf seine Weise völlig zeitlos: „Mein Leben als Torte“ (im Moment nur antiquarisch, zum Beispiel bei medimops zu haben), geschrieben von Andrea Behnke – eine „Anleitung zum autobiografischen Schreiben“. . Liebevoll illustriert und geschrieben, kommen hier 52 Impulse wie aus kleinen Überraschungskästchen ans Licht gehopst: unerwartet, anregend

, witzig oder auch mal wehmütig … Meist so, dass unsere Kreativität gar nicht darauf gefasst ist – und das lässt sie ja oft am produktivsten werden. So kann zum Beispiel die Torte aus dem Titel ziemlich gut dabei helfen, einen Text zu gliedern. Die Zahl 52 bedeutet natürlich, dass man sich ein Jahr lang jede Woche eine neue Schreibaufgabe vornehmen kann – aber keineswegs muss: „Allein Sie entscheiden, was Sie mit den angebotenen Impulsen machen“, schreibt Andrea Behnke im Vorwort. Und als „Impulse“ verstehen sich alle 52 Tipps: Sie sind kurz, auf den Punkt illustriert. Und bringen immer noch einen zusätzlichen Praxistipp rund um das Schreiben mit sich. Ich finde: Mit seinen 94 Seiten hat es dieses Büchlein faustdick hinter den Ohren, ähm, auf seinen Seiten. Mehr braucht es meistens nicht. Und ich finde ja: Selbst Menschen, die nicht in erster Linie autobiografisch schreiben, können von ihm profitieren. Und sei es nur, um sich zwischendurch immer mal wieder „locker“ zu machen …

Tipp 2: federleicht & biografisch

Manchmal allerdings muss es dann doch mehr sein. Zum Beispiel, wenn es darum geht, die Kraft des Schreibens – etwa nach einer Krise – neu zu beleben. Relativ neu ist „Federleicht – die kreative Schreibwerkstatt“ von Barbara Pachl-Eberhart erschienen 2017. Untertitel: „Wie die Kraft Ihrer Worte zur Lebenskraft wird.“ Der Untertitel verrät schon: Dieses Buch will Mut machen. Und kommt nicht ohne persönliche Anteile aus. Was meiner Ansicht nach auch so sein muss, wenn jemand andere Menschen ermutigen will. Tragische Ereignisse haben die Autorin überhaupt erst zur Autorin gemacht – doch das ist sicher nicht der einzige Grund, aus dem dieses Buch so kraftvoll wirkt. Unwichtig ist dieser Anlass sicher nicht: Weil ihr Mann und ihre zwei Kinder tödlich verunglückten, hat Pachl-Eberhart ein sehr intensives Verhältnis zum Schreiben entwickelt. Für sie ist es „eine ehrliche, ernst gemeinte Aussprache zwischen mir und meinem Leben.“

Schreibprozesse können therapeutisch sein

Ohne dass das Buch dieses Wort im Titel hat, bewegt es sich zweifellos in Richtung „therapeutisches Schreiben“ – auch, wenn der therapeutische Aspekt häufig zugunsten des „normalen Lebens“ in den Hintergrund tritt. Stellt man sich dieses „normale Leben“ jetzt mit all seiner Fülle an Emotionen und Erlebnissen vor, hat man eigentlich schon die komplette „Folie“ vor Augen, auf der Pachl-Eberhart die Werkzeuge des Schreibens ausbreitet. Und das sind sehr viele. Die bewegen sich zwischen Karussellen, Spiegeln, (Text-)Fäden, Origami, Stühlen, Gewohnheiten, Liedern und sehr vielen (inneren) Stimmen … Alles ist liebevoll, lebensnah erklärt und beschrieben – an Anregungen mangelt es diesem Buch sicher nicht. Eher besteht wohl die Schwierigkeit darin, die für sich passenden Übungen und Anregungen zu finden. Oder die Leserinnen und Leser vertrauen Barbara Pachl-Eberhart so vollständig, dass sie alle, wirklich alle Übungen machen. Ich glaube, dieses Vertrauen wäre gerechtfertigt. Und das ist schon sehr viel! Ich kenne durchaus Schreibratgeber, über die ich das niemals sagen würde … Aber die haben auch meist was mit „Erfolg“ im Titel stehen …

Schreiben als (Selbst-)Therapie

Zum Schluss noch der Hinweis auf die „Klassiker“ des therapeutischen Schreibens: Die besten stammen – meiner Ansicht nach- von Silke Heimes. Kein Wunder, ist die studierte Ärztin doch heute Professorin für Kunsttherapie an der Medical School Hamburg. Titel zum Beispiel: „Schreib es dir von der Seele – kreatives Schreiben leicht gemacht.“ Oder „Schreib dich gesund“, „Schreiben als Selbstcoaching“ und viele mehr.

Bücherliste

Hier die oben genannten Bücher, alphabetisch nach Autor/innen sortiert. Alle zu bestellen im Shop der Autorenwelt. Nur, wenn sie dort nicht zu haben sind, direkt beim Verlag.

Eine Fortsetzung meiner Gedanken zu Schreibratgebern findet sich hier.

In eigener Sache

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Die Trilogie des Eigensinns besteht bislang aus zwei Büchern – die sich ohne Probleme auch wunderbar getrennt voneinander lesen lassen. Macht durchaus Sinn, denn sie bilden zwar eine „Familie“, haben aber unterschiedliche Schwerpunkte. In „Mein Kompass ist der Eigensinn“ geht es darum, wie wir Eigensinn erkennen, ihn für uns entwickeln können. Aber auch darum, wo er seine Grundlagen hat, welche Vorbilder ich gefunden habe – und wie er uns helfen kann. Als Kompass zum Beispiel. Oder beim Schreiben von (eigenen) Büchern.
In „Wer schreibt, darf eigensinnig sein“ steht eigentlich schon alles Wichtige im Titel: Es geht um die praktische Realisierung des Schreibens mit Eigensinn, um Kreativität, aber auch um Selfpublishing. Da gibt es jede Menge Praxistipps, Übungen und Beispiele. Aber auch die Spiellust – meiner Ansicht nach ein wichtiges Schreib-Instrument – kommt nicht zu kurz. Zum Beispiel mit dem Selbsttest „Welcher Schreibtyp bin ich eigentlich?“ Der zieht sich – augenzwinkernd bis ernst – durch das ganze Buch. Und trotz alldem steht im Untertitel ausdrücklich: „kein Schreibratgeber“.
Beide Bücher auf einen Blick – und auch zum Bestellen – im Shop der Autorenwelt hier. Aber natürlich auch überall sonst, wo es Bücher gibt.

 

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